DANKE für ALLES – wo fange ich an? Wo höre ich auf?
2021 geht zu Ende und ich begrüsse voller hoffender Erwartungen das JAhr 2022!
Es gibt Dinge im Leben, die sind so einschneidend…
Es gibt Situationen im Leben, die kann ich kaum in Worte fassen…
2021, was war das für ein Jahr für mich/uns. Es fing langsam an und nach vielen neuen Entscheidungen und einer Lipo dachte ich, das Jahr 2021 wird weiter dahinplätschern.
Ich dachte, ich übe weiter laufen zu können und die Gangschule war geplant. Durch die diversen Fehlstellungen und orthopädischen Erkankungen ist mein Körper leider sehr kaputt.
2021 habe ich erfahren das ich nie ganz aus dem Rollstuhl raus kommen werde. Dennoch, versuchen kann man es ja mal.
Weite Wege kann ich noch nicht, doch ich wollte es schaffen. Mayschoß einmal bis zum Dorfplatz und zurück. Viele lächeln nun, wenn sie den Weg kennen, denn für normale und gesunde Menschen ohne Schmerzen ist dies ein Klacks.
Den Hinweg habe ich geschafft, nur beim Rückweg versagte mein Körper. Es war mir peinlich. Doch warum eigentlich? Ich versuche doch alles, dass ich die Schäden nun so gering wie möglich halte. Nehme meine Vitamine, achte aufs Essen und auch so.
Es kam der Mai und wir hatten einige Geburtstage zu feiern. Unter Corona nicht einfach.
Ich bekam eine neue Küchenzeile mit ausziehbaren Schränken. So stolz war ich und Heiko hatte diese perfekt auf die Esszimmerseite unserer grossen Küche eingefügt. Dass ich nicht lange Freude daran haben sollte, wer wusste das schon? Die Zeit, die sie da war, hat sie mir sehr gefallen.
Im Juni fuhren wir öfters in unseren Garten und zelteten und beim Lagerfeuer vergass ich für einige Momente, wie es mir ging. Es war eine schöne Zeit und wir hatten Pläne.
Dann, ja dann kam der Juli.
Wir verfolgten die Pegelstände, wir lauschten auf die “Wetterfrösche” im TV und ahnten nicht, wie schlimm es kommen sollte. Wir sahen die Bilder aus Hagen und waren geschockt. Ich fing an, die wichtigen Dokumentenordner aus den Schränken zu holen und stellte sie ein einen Klappkorb. Nie vergesse ich die Frage von Carsten, ob dies nötig sei? Ich wusste es nicht, ich machte es einfach. Dass das nichts brachte… na das weiss ich nun auch. Sie standen auf den superselbstgebauten Schuhschrank in der Zwischenetage zum 1.OG. Dahin kommt niemals das Wasser – doch es kam.
Es kam mit einer Urgewalt – eine Gewalt die uns aus unserem Leben herausriss. Wie schwer hatten wir es schon in den letzten Jahren, mein Lebensweg, der Herzinfarkt von Carsten, andere Probleme der Wahlfamilie… Egal was kam, wir standen zusammen. Dann kam die Ahr!
Wir hatten keine Chance und wir hätten dies so gerne nicht miterlebt.
Ich stand auf dem unterem Balkon sah das Wasser steigen und sagte noch: “Schau mal die Ahrthalbahn da fährt sie noch, mal sehen wie lange” Ich dachte es sei ein guter Witz. Denn die Ahrthalbahn war noch nie unter Wasser.
Einen Tag später lag eine Schwelle der Ahrtalbahn in unserem Wohnzimmer. Mir wurde es so eng im Hals und ich hatte das Gefühl, dass ich einen Fusstritt in den Magen bekam. Es war so merkwürdig, fast so als wollte diese Schwelle mir sagen: “hach das hast du nun davon…” (war nicht so)
Wir hatten Todesängste und ich spreche nicht von Ängsten vor einer Prüfung oder Operation, die geplant war.
Ich spreche davon, dass ich stellenweise so Schmerzen hatte, dass ich kaum atmen konnte. Mein Körper zitterte und es tat alles so weh. Ein Gefühls als würde irgendetwas mich in seiner riesigen Hand halten und mich zerquetschen, solange bis ich wie eine Zahnpastatube ausgequtscht wurde.
Ich spreche davon, dass wir oben mit 6 Personen auf den Dachboden sassen und uns stellenweise aneinanderklammerten. Wir hörten Schreie von anderen Menschen, wir hörten Bäume, klirrende Fensterscheiben und Gastanks – und wir hörten das Wasser. Jede Minute, jede Sekunde fühlte sich in diesem Haus an wie Stunden. Die Zeit wollte nicht vergehen. Max schlief eingekuschelt halb auf meinem Schoss irgendwann vor Erschöpfung ein. Vorher sagte er mir: “Mit Kuscheln werden wir gesund und wir schaffen das Mama, wir haben ja uns.”
Ich lächelte und versprach ihm, dass wir gemeinsam noch viele Dinge erleben werden, ich sagte ihm, dass Zoobesuche, Kinobesuche und soviel anderes noch auf unserem Plan stehen. Ich versprach ihm, dass wir nicht geholt werden und zu Wolkenmenschen werden. Soviel versprach ich ihm unter Tränen und das erstemal in meinem Leben fühlte ich mich so schlecht.
Denn ich wusste nicht, ob wir es schaffen!
Ich wusste nicht, ob ich diese Versprechen halten konnte.
In diesem Moment machte ich mir Sorgen um meine Freunde.
Wie sollten die damit umgehen, wenn wir sterben? Annika, Tanja, Nine, Daggi, Ruth, Kristina und soviele andere. Was macht das mit Euch, nur der Gedanke, dass euch die Hände gebunden sind? Tief in mir hörte ich Nine, die Komandostabsmässig Befehle gab, Kathastrophenbasis aufbaute, um ein Versorgungsnetz zu basteln. Stellte mir Dagmar vor, die weinend an uns dachte, und ihr Kaninchen kuschelte. Tanja, die mitorganisierte und kurz davor war sich Gummistiefel und Regenjacke zu besorgen, um irgendwie zu uns zu kommen. Hans, Daniela und die Kinder, wo waren sie? Konnten sie sich in Sicherheit bringen? Petra aus Ahrweiler, Oh mein Gott, Petra ob sie diese Nacht überlebt? Annika, so weit weg und doch so nah. Weinend sitze ich hier und berichte euch von diesen Gedanken.
Wie gerne hätte ich euch nun in die Arme genommen und euch gesagt, dass ihr mir sehr wichtig seid. Wie gerne hätte ich grade wieder gelacht, bis wir Bauchweh bekamen, wie bei den Lipödemtagen in Hannover. Wie viel Angst hatte ich, euch nie nie wieder zu hören oder zu sehen.
Es waren gespenstische Szenen, über die ich noch nie sprach…
Sam sass neben mir, dicht eingekuschelt mit einem Kissen halb auf mir drauf und wir versprachen uns gegenseitig aufeinander aufzupassen.
Als die Verbindung zu Heike abriss und sie weinend ihrer Mama sagte: “Ich liebe dich Mama und ich weiss nicht ob wir es schaffen”, da nahm ich sie in den Arm und wir weinten beide. Noch nie in meinem Leben habe ich so geweint. Darius drehte sich weg, doch ich hörte, dass auch er schluchtze. Er hatte sich stundenlang in die Weinberge gestellt mit unserer Vermieterin und versucht Sandsäcke zu befüllen, da der Sand uns ausging.
Ich versuchte, soweit ich konnte auch zu helfen, doch schnell war ich am Ende meiner Kraft. Das tat mir weh. Es war doch unser Heim, unser schönes Haus, in dem wir alles drin hatten. Gute und nicht so gute Momente, Erinnerungen, Kinderbilder von Darius, einen Milchzahn von ihm, Max seine erste Haarlocke, ein Tisch von Oma Marga, der Aquamarinanhänger und die Perlenohringe von Oma Ida. Ich habe nicht viel Familienstücke aber diese waren mir heilig. Ich wollte soviel mehr tun und es regnete und regnete. Wir dachten der Keller wird wieder überflutet, überlegten schon, wann wir Eimer und Co besorgen sollten damit wir den Schlamm wie 2016 wieder rausbekamen..
Doch, nun sassen wir auf den Dachboden fest…
Keine Toilette, kein fliesendes Wasser und keinen Strom.
Wie durch eine Blitzidee hatte ich vormittags kleine Campinglampen aus dem Keller geholt und jeder hatte eine um den Hals. Das war unser Glück, denn so hatten wir abwechselnd immer etwas Licht. Das was in uns vorging in dieser Zeit im Dunkeln… Nein, ich mag nicht daran denken. Ich glaube, ich hätte nur noch geschrieen, denn es war schon so grausam genug.
Was machte Carsten? Er machte sich so Sorgen um uns, und er sagte zu mir: “Es ist meine Aufgabe, meine Familie zu schützen und das werde ich machen.” Er setzte sich auf die oberste Treppe mit einer Taschenlampe, um das Wasser zu beobachten. Wir wussten ja nicht, ob es noch höher steigt. Noch ein Meter mehr, und unsere drittte Etage, die Etage wo die Büroräume, Heikos und Sam`s Zimmer waren.
Was soll ich euch noch erzählen?
Heiko und Darius die unsere nassen und total verängstigten Katzen aus dem Wasser zogen. Danke <3
Heiko, der noch zweimal auf die kaputten Schulter aufgeknallt war, als er versuchte nach unten zu kommen.
Sam und Heiko, die mit Hilfe von Andrea Kläs und ihren grossen Sohn mit einer Brechstange die Eingangstür aufbrachen. <3 Danke Andrea <3 Sam und Heiko standen auf der Badezimmertür, da sie sonst hüfthoch eingesunken wären.
Allgemein zeichnete sich die Familie von Weinhaus Kläs als sehr liebe Nachbarn aus. Genaus wie unsere Ehleute Schütz sie haben das Herz am rechten Fleck und waren immer fair und hilfsbereit. Ohne Andrea hätte Max auch nichts zum anziehen gehabt. Den grünen Pullover mit dem Monster drauf sowei die Stiefel die voll verschlammt sind bewahren wir auf. Max sagt als Zeichen das es hilfsbereite tolle Nachbarn gab in Mayscho <3
Ich wünsche Andrea und ihrer Familie da sie ganz viel Hilfe erhalten und man bald wieder auf der schönen Terasse sitzen kann. Also ab nach Mayschoß zum Weinhaus Kläs <3 Danke aus tiefsten Herzen!!
Es sind soviele Dinge passiert in diesen 3 Tagen… WAHNSINN
Doch wir haben es geschafft – WIR ÜBERLEBTEN!!!
Bitte verschont mich mit Aussagen “So hoch stand das Wasser nicht” oder “andere haben Menschen verloren!”
Niemand der nicht selbst solche Momente ausgestanden hat, kann urteilen oder sollte keine klug gemeinte Ratschläge geben.
Wisst ihr was das für ein Gefühl ist, nicht weg zu können, das Wasser zu hören, und nicht zu wissen was als Nächstes passiert??
Zwischendurch hab ich an vieles gedacht, auch an meine Fehler, an Dinge die ich ändern werde wenn ich hier raus komme. Dann diese Ungewissheit… Es macht dich innerlich fertig. Du siehst deine Kinder, dein Herzblut neben dir, und du weisst nicht ob sie diese Nacht überleben. Darius, der in Dernau im Dachgeschoss wohnte, er kam um zu helfen, und er bezahlte fast mit seinem Leben.
Wie oft hab ich sie angefleht “Nehmt Max, versucht raus zu kommen, geht..” Meine Beine, mein Körper hätte es nicht geschafft, doch was wäre ich für eine Mama, wenn sie wegen mir sterben. Doch egal was ich sagte, sie wollten bei mir bleiben. Mehr Liebe konnten sie mir nicht geben.
Darius, das geht an dich: Wir zwei haben es nicht immer einfach. Wie oft haben wir uns gezofft, und andere Meinungen gehabt. Doch wenn es drauf ankommt, waren wir füreinander da. <3 Danke, dass es dich gibt. Du bist ein besonderer Mensch, und ich hoffe das du noch einiges lernst, um da draussen zurecht zu kommen. Egal was passiert, deine Mama und deine Wahlfamlie sind da. Danke, dass es dich gibt, dass du diesen Sturm mit uns überstanden hast.
Dann kamen wir etwas zur Ruhe, wir fanden eine Wohnung und renovierten. Der Weg dahin, wow der war mehr als beschwerlich und vielleicht nehme ich euch mit oder schreibe darüber. Doch wir haben in 3 Wochen 3600 km verfahren, wir haben über 43 Immobilien angesehen. Wir wurden abgefertigt und stellenweise auch erniedrigt. Wir haben Bruchbuden, die abrissreif waren, angeboten bekommen. Wir sahen Schimmelbuden und wir verzweifelten langsam.
Wir wollten so schnell es geht ein Heim. Max musste wieder in die Schule und meine geplante Liposuktion im September stand auch auf der Agenda.
Zeitweise dachte ich daran diese Lipo abzusagen. Sprach sehr offen mit Dr. Theodourou darüber. Er überliess mir die Entscheidung.
Doch ich wollte weiter machen .
So gingen die Monate, die 13. Liposuktion ins Land.
Dann kam das nächste, wir kamen nicht zur Ruhe.
Zwerchfellbruch. Ich musste operiert werden, durfte kaum mehr feste Nahrung zu mir nehmen und musste mit der Eiweissphase etwas für meine Organe tun. Die ersten drei Tage waren schlimm. Doch dann ging es.
Die Op war.. sagen wir mal: erfolgreich. Die Schmerzen waren auszuhalten und nun ist alles wieder repariert. Hier geht ein dickes Dankeschön an das Refluxzentrum Niederrhein und deren Ärzteschaft. Danke an die Adipositaskoordinatorin Tanja S. Du machst einen sehr guten Job und ohne dich wäre mir vieles viel schwerer gefallen.
Seit der Flut ist viel passiert.
Wir haben uns verändert!
Wir sind getragen worden durch euch!
Wir sind wertgeschätzt worden!
Wir sind dankbar so viele tolle, herzliche und mitfühlende Menschen zu kennen!
Menschen die zum Renovieren kamen!
Die AWO aus Mönchengladbach, was ein toller Verein!! Sie brachten uns warmes leckeres Essen <3
Die Karten, die Briefe alles haben wir behalten. Einiges hängt im Flur in einem Holzrahmen!
Soviel hat es uns bedeutet! Ihr hab mir Kraft gegeben, und wir machen weiter!
Viele fragen sich nun wie es mit den Lipoelfen weitergeht. Nun, durch die Pandemie werden wir euch in Kürze die Onlinetermine bekanntgeben für Zoommetings. Diese werden regelmässig stattfinden. Wann und wo wir uns in real treffen können, werden wir sehen.
Es ist noch mehr passiert, doch es würde diesen Beitrag sprengen. Hab mir mal sagen lassen, dass Blogeinträge kurz sein sollten 😀
DANKE für ALLES und das 2022 ein Jahr des Neuanfang wird!!
Ich kann euch leider nicht einzeln nennen, die Pakete, Briefe, Kerzen, Engelchen, Kleinigkeiten und grosse Dinge die ihr für uns gemacht habt und auch für Max und Darius 🙂 DANKE
Marion Küppi dir gilt ein ganz besonderer Dank! Du warst da als mir die Kraft schwand und hast unseren Darius geholfen. Das werden wir die nie vergessen <3 toller Mensch!!
1. Januar 2022 um 20:45
Liebe Fine, online bin ich gerne bei Euren Treffen dabei. Ansonsten sind wir zu weit entfernt. Aber Ihr seid eine tolle Truppe
Lg
Karin
1. Januar 2022 um 22:08
Pipi in den Augen und ich kann mir nur im Entferntesten vorstellen wie es Euch ergangen ist. Ich finde es toll, dass ich weiter macht und Euer Leben so wie es geht weiter lebt. Die Verarbeitung der Geschehnisse wird lange dauern, aber mit Deiner Familie, Wahlfamilie und Freunden wird es werden. Sei froh über die starke Liebe Deiner Kinder und Mann, denn das ist sehr schön. Ich hoffe ihr könnt bald wieder etwas lächeln. Ach ja und Du bist mutig, das Du den Weg in Mayschoß hin gelaufen bist. Ein Weg ist besser als kein Weg. Gib nicht auf, behalte Deine Stärke, denn das Universum hat entschieden das ihr alle hier auf der Welt bleibt.