18.Mai:
Heute ist Welt-Lipödem Tag. Das ist die Gelegenheit, auf einige Missstände in der bedarfsgerechten Versorgung der an Lipödem erkrankten Frauen hinzuweisen.
Da ich selber betroffen bin, ist mir dieses Thema sehr wichtig!
Lipödem ist eine krankhafte Fettverteilungsstörung, die mit starken Schmerzen einhergeht.
Es ist eine anerkannte, chronische, aber leider noch unerforschte Erkrankung,
die zumeist Frauen betrifft. Wir sind in der Familie inzwischen zu dritt. Meine Tochter und meine Mutter leiden ebenfalls an Lipödem.
Ich selber habe diese Diagnose erst seit 2,5 Jahren, war zuvor aber seit fast 30 Jahren regelmäßig wegen meiner immer stärker werdenden Schmerzen in den Beinen bei verschiedenen Ärzten. Leider wurde die eigentliche Problematik nicht erkannt! So viel Zeit ging dadurch verloren!
Durch Zufall wurde ich bei einer Routineuntersuchung meiner Venen in einer anderen Praxis vom behandelnden Arzt auf meine Beine angesprochen, ob ich wüsste, dass ich an einem Lipödem im Stadium 2-3 erkrank wäre.
Das erklärte so Vieles: die Ursache meiner Schmerzen in Armen und Beinen, der ständige Kampf um mein Gewicht trotz langjähriger Umstellung der Ernährung, die merkwürdigen Körperproportionen, unförmige Arme und Beine trotz regelmäßigem Sport, …!
Es folgte eine Achterbahn der Gefühle, aus Erleichterung (endlich weiß ich woher das alles kommt) und Zukunftsangst (wie wird es werden), denn das Lipödem ist eine chronische, nicht heilbare Erkrankung.
Um die Symptome dieser Erkrankung zu lindern und das Fortschreiten aufzuhalten, gibt es die Möglichkeiten der konservativen Therapie oder der operativen, der Liposuktion.
Für beide Maßnahmen müssen wir Betroffenen jedoch immer wieder kämpfen!!
Eine Liposuktion wird im Moment nur (vorläufig nur bis Ende diesen Jahres) unter sehr erschwerten Bedingungen von der Krankenkasse übernommen. Diese medizinisch indizierte Liposuktion (das chirurgische Absaugen des kranken Fetts), hat in erster Linie die Schmerzreduktion zum Ziel. Diese Maßnahme gehört aber nicht zum Leistungskatalog der GKV und muss von den meisten Frauen selber getragen werden, was sich viele gar nicht leisten können.
Die konservative Therapie besteht aus der „Komplexen physikalischen Entstauungstherapie“, der KPE.
Die fünf Säulen der KPE sind manuelle Lymphdrainage, Kompressionstherapie, Bewegungstherapie, Hautpflege und Selbstmanagement.
Aber auch hier müssen wir Patientinnen regelmäßig um unser Recht auf bedarfsgerechte Versorgung kämpfen:
Wir benötigen maßgefertigte, flachgestrickte Kompressionsbestrumpfung, die wir täglich tragen. Jedoch stehen uns in der Regel nur 2 Versorgungen pro Jahr zu, die, wie schon beschrieben, täglich getragen und gewaschen werden müssen. (Kommt einer von Euch mit zwei Unterhosen und 2 Paar Socken im Jahr aus???).
Wir sollten bestmöglich 2-3x pro Woche zur manuellen Lymphdrainage gehen. Damit werden Wassereinlagerungen vermindert und Schmerzen reduziert.
Leider bekommen viele Patientinnen im Stadium 1 diese nicht verschrieben, weil es nicht als notwendig erachtet wird. Und selbst wenn man dieses Rezept in den Händen hält, muss man erstmal eine Physio-Praxis finden, die ausreichende Kapazitäten hat, um diese 45-60 minütig andauernde, regelmäßige und geringer bezahlte Behandlung durchzuführen.
Ich habe Glück und bekomme als Dauerpatientin 2x wöchentlich Lymphdrainage für meine Arme und Beine und bin in meiner Physio-Paxis sehr gut aufgehoben! Zudem kann ich in der Praxis 2x in der Woche mein Krafttraining absolvieren und wenn ich mal wieder eine neue „Schmerz-Baustelle“ habe, wird diese schnellstmöglich behandelt.
Ach ja, zum Reha-Sport gehe ich auch noch einmal pro Woche und meine 30 minütigen Übungen führe ich jeden Tag sofort nach dem Klingeln meines Weckers durch. Das gehört für mich zur notwendigen Bewegungstherapie und ist ein Stück weit Selbstfürsorge.
Der ständige Kampf zermürbt uns Patientinnen!
Durch die verspäteten Diagnosen, sei es durch Unwissenheit der Ärzte, … kommt es bei vielen Patientinnen, wie auch bei mir, zu einem sekundären Lymphödem. Das bedeutet, dass sich in den unterschiedlichsten Körperteilen Wassereinlagerungen sammeln, weil das Lymphsystem des Körpers durch zu späte Behandlung geschädigt ist. Das müsste nicht sein, wenn die Erkrankung Lipödem endlich ernst genommen würde!
Eine weitere „Nebenwirkung“ eines Lipödems sind die Schmerzen in Gelenken, Muskeln und Sehnen, die auf die Fehlhaltung und zu starke Abnutzung auf Grund des unproportionalen Körperbaus der Patientinnen und dem zum Teil hohen Gewicht durch die krankhaften Fettansammlungen zurückzuführen sind. Die Folgeerkrankungen sind vielfältig und weitreichend!
Mit den Einschränkungen, die dieses komplexe Krankheitsbild mit sich bringt, habe ich täglich zu kämpfen!
Die Schmerzen durch das Lipödem, dem erworbenen Lymphödem und meines gesamten Bewegungsapparates, spüre ich täglich! Und die Konsequenzen für mich sind weitreichend, zeitraubend und kräftezehrend.
Die Lipödem Gesellschaft , die Selbsthilfegruppen, wie die Lipo-Elfen Bad Neuenahr , einige Ärzte wie Olaf Deling, und viele Andere setzen sich für die Belange der Betroffenen ein und versuchen unsere neue Gesundheitsministerin Nina Warken auf die Wichtigkeit der bedarfsgerechten Versorgung bei Lipödem aufmerksam zu machen!
Ich selber wünsche mir, dass das Thema Lipödem bei Ärzten, im gesamten Gesundheitssystem und auch in der Gesellschaft wahrgenommen und ernstgenommen wird und die notwendige bedarfsgerechte Versorgung für uns Patientinnen zu einer Selbstverständlichkeit wird!
Die von mir geteilten Beiträge zu diesem Thema dürfen gerne geteilt werden 😁!
liebe Sylvia du bist eine wunderbare starke Person und ich bin unglaublich stolz auf dich! Danke das ich diesen Beitrag in meinen Blog teilen durfte.
Du hast es auf den Punkt gebracht!!