Langer Weg zu Diagnose und Heilung bei Lipödem
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Hohe Hürden für Betroffene und die Medizin
Flörsheim – Bereits im Alter von 14 Jahren bemerkte Heike Döpp die Veränderung: Sie nahm an Gewicht zu, ihre Beine wurden dicker, waren geschwollen und fühlten sich schwer an. Sie gewöhnte sich daran, sowie an die täglichen Schmerzen. „Und als ich Mutter wurde, wurde es noch schlimmer“, erzählt die Frankenbergerin. In ihren Bewegungen eingeschränkt, begann im Laufe der Jahre ihre Psyche zu randalieren und das Arbeiten wurde immer mühsamer. Langes Stehen, Sitzen oder Liegen war kaum noch möglich. Trotzdem hat sie sich als Schichtführerin in einem Fast-Food-Unternehmen deswegen noch nie krankschreiben lassen.
Heike Döpp ist eine von rund 3,8 Millionen Bundesbürgerinnen, die an Lipödem erkrankt sind. Die 54-Jährige saß am vergangenen Wochenende mit 270 weiteren Teilnehmern in der Flörsheimer Stadthalle, um an der Fachtagung der Lipödem Gesellschaft e.V. teilzunehmen. Mehrere Referenten waren eingeladen, um Betroffene, die an der chronischen, schmerzhaften und fortschreitend verlaufenden Fettverteilungsstörung an Beinen, Hüften, Po oder Armen leiden, auf den neuesten Stand der Forschung zu bringen und Tipps zu geben. Außerdem wurden Workshops sowie Möglichkeiten zur Beratung oder Behandlung der Symptome mit Kompressionen, Lymphdrainage oder passendem Schuhwerk angeboten.
Als einer der Höhepunkte der Fachtagung bekam Dr. Pamela A. Nono Nankam vom Helmholtz-Institut für Metabolismus-, Adipositas- und Gefäßforschung (HI-MAG) aus Leipzig für ihre Forschungsarbeit „Mechanismen der Entstehung von Lipödem und klinischen Manifestationen“ einen Preis verliehen. Sie brachte den Nachweis, dass die veränderten Fettzellen beim Lipödem anders als bei Adipositas reagieren. Dr. Stefan Rapprich kann auf eine 30-jährige Erfahrung mit Lipödem-Erkrankten zurückblicken. Der Hautarzt und Phlebologe diagnostiziert und berät in seiner Bad Sodener Praxis Betroffene und führt mit drei Kollegen jährlich 500 privat bezahlte Liposuktionen (Reduktion des erkrankten Fettgewebes und der Flüssigkeit) durch. Oft sind mehrere Operationen nötig, da diese wesentlich risikoärmer sind als eine große Operation.
Jede zehnte Frau leidet unter der Erkrankung
Jede zehnte Frau, so schätzt er, leidet unter der Erkrankung, die oft bei jungen Mädchen mit der Pubertät beginnt. Männer sind äußerst selten betroffen. Die Krankheitsursache ist unbekannt. Aber man weiß, dass sie vererbbar ist und in Lebensphasen einer Frau mit einer hormonellen Veränderung auftreten und sich verschlimmern kann. Wie zum Beispiel während der Pubertät, Schwangerschaft, den Wechseljahren oder gynäkologischen Behandlungen. Oft bekommen die Betroffenen erst nach Jahren des Leidens, bei der in drei Stadien verlaufenden Krankheit, eine Diagnose erstellt. „Das Lipödem ist bereits seit 1940 bekannt, lange in Vergessenheit geraten und erst wieder in den letzten 20 Jahren in den Blickpunkt geraten“, berichtet der Bad Sodener Arzt. Mit seinen wissenschaftlichen Arbeiten, Beiträgen in Fachzeitschriften oder TV-Sendungen möchte Stefan Rapprich Fachärzte und das Patientenumfeld sensibilisieren. Auch als Vorstandsmitglied der Lipödem Gesellschaft wollen er und seine Vorstandskollegen den an Lipödem erkrankten Menschen in Berlin eine Stimme geben und Einfluss auf die Entscheidungen der internen Gesundheitspolitik nehmen.
APP SOLL BETROFFENE UNTERSTÜTZEN
Die Lipödem Gesellschaft e.V. wurde vor drei Jahren in Münster gegründet. Ein besonderes Anliegen ist es, die Bedürfnisse der Patienten und auch der Ärzte in einem interdisziplinären Netzwerk zu vertreten und somit die Versorgung positiv zu beeinflussen.
Der Hautarzt und Gefäßmediziner (Phlebologe) Dr. med. Stefan Rapprich hat eine App entwickelt, die Betroffene unterstützen soll. Mehr Infos unter www.lipocheck.de.
Die Adresse der Lipödem Gesellschaft e.V.: Finkenweg 4, 64625 Bensheim-Auerbach. Ansprechpartnerin ist Claudia Effertz; Telefon 0 62 51 / 8 25 99 12 oder per E-Mail an info@lipoedem- gesellschaft.de. dp
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